Neues Selbstbewusstsein für die drittgrößte Volkswirtschaft der Welt?
Die Börsen hatten bereits vorweggenommen, dass es bei der Bundestagswahl keine fundamentalen Umbrüche geben würde. So oder so ähnlich kam es dann ja auch. Die politische Landschaft ist durch die Stärkung der Ränder nicht übersichtlicher geworden. Der breite Markt reagierte auf eine mögliche Neuauflage der großen Koalition am Tag nach der Wahl jedoch positiv.
Generell befindet sich der Markt in guter Verfassung: Trotz aller schlechter Nachrichten in den vergangenen Wochen ist Deutschland nach wie vor weltweit die drittgrößte Volkswirtschaft und die Börse spiegelt das. Negative Entwicklungen und Erwartungen wurden bereits moderat eingepreist. Von einer Überbewertung kann daher keine Rede sein. Und das, obwohl die Entwicklung mancher Werte eher an die Dynamik amerikanischer Techwerte erinnert: etwa beim deutschen Rüstungskonzern Rheinmetall.
Die zentrale Frage für die kommenden Monate lautet, inwieweit es Europa gelingen kann, sich auf eine gemeinsame Strategie zu verständigen. Die USA greifen in den Welthandel ein. Dem muss Europa etwas entgegensetzen. Auch die Stärkung der gemeinsamen Verteidigungsfähigkeit ist unumgänglich – und sie wird sehr viel Geld kosten.
Angesichts des immensen Kapitalbedarfs allein für Verteidigung und Wirtschaftsförderung, muss man sich vom Wunsch nach niedrigeren Zinsen auf Sicht verabschieden. Jetzt ist die Zeit für Investitionen. Mit der Schuldenbremse in ihrer jetzigen Form dürfte das schwierig werden. Eine neue Bundesregierung wird sicherlich auch andere Optionen prüfen, nicht alle davon wünschenswert: die Ausgabe Europäischer Defence Bonds oder sogar eine eigentlich zu vermeidende Erhöhung der Mehrwertsteuer. Anleger sollten sich auf ein insgesamt höheres Renditeniveau bei den Anleihen einstellen, zunächst mit einer Präferenz für kürzerer Laufzeiten. Bei den Aktien, gerade auch den europäischen, sind die Kurspotenziale noch nicht ausgeschöpft. Neben der Verteidigung besteht ein immenser struktureller Investitionsbedarf. Anleger könnten davon profitieren