Technischer Aktien- und Rentenmarktkommentar

für die Woche vom 20. – 24.06.2022

DAX

Der DAX ging am Freitag bei 13.126 Punkten aus dem Handel und schloss die Woche mit einem satten Minus von 636 Punkten ab. Damit verlor der deutsche Leitindex seit dem 6. Juni knapp 1.600 Punkte. Die Mischung aus weiter steigenden Inflationsraten, überproportional stark anziehenden Leitzinsen sowie die Folgen der Lieferkettenunterbrechungen lasten auf den Kursen. Hinzu kommen Zweifel an der Nachhaltigkeit von Gewinnschätzungen. Erste Aufschlüsse darüber werden wir mit dem Start der Quartalsberichtssaison Anfang Juli erhalten. Charttechnisch ist der DAX massiv überverkauft. Technisch bedingte Gegenbewegungen könnten den DAX bis 13.294 bzw. 13.380 Punkten führen. Auf der Unterseite würde ein nachhaltiger Bruch der 13.000er Marke weitere Abgaben bis zum März-Tief bei 12.439 Punkten wahrscheinlich werden lassen. Selbst ein Test der 12.000 Punkte-Marke erscheint im aktuellen Umfeld nicht ausgeschlossen, da der DAX in der letzten Woche eine Topbildung abgeschlossen hat.

Euro Stoxx 50

Der Euro Stoxx 50 ging am Freitag mit einem Punktestand von 3.438 Punkten aus dem Handel und gab auf Wochensicht schmerzhafte 9,12 % ab. Die erste Verkaufswelle leitete die EZB am 9. Juni durch eine Zinserhöhungsankündigung ein. Am vergangenen Donnerstag folgte die zweite Verkaufswelle ausgelöst durch die Zinsanhebung der Fed, die höher als zunächst erwartet ausfiel. Dies ist als Reaktion auf die weiterhin steigende Inflation zu werten. Inwieweit die Notenbanken gegen eine angebotsinduzierte Inflation etwas bewirken können, ohne dabei eine Rezession auszulösen, wird die Märkte in den nächsten Monaten dominieren. Alle europäischen Sektoren gaben vergangene Woche nach. Am deutlichsten zeigten sich die Kursverluste im Energie- (-10,20 %) und Rohstoffsektor (-8,76 %), woraus sich die Sorge einer drohenden Rezession erkennen lässt. Aus charttechnischer Perspektive erlitt der Euro Stoxx 50 einen herben Rückschlag, da er innerhalb von zwei Wochen vom 38,2 % Fibonacci-Retracement bei 3.779 Punkten nahezu auf das 0 % Fibonacci-Retracement bei 3.387 Punkten fiel. Die technische Ausgangslage ist für einen Retest der Unterstützungslinie bei 3.387 Punkten gemacht. Eine technische Gegenreaktion in dieser Woche ist jedoch aufgrund des stark überverkauften Zustands des Euro Stoxx 50 nicht auszuschließen.

Dow Jones Industrial

Der Dow Jones ging am Freitag mit einem Punktestand von 29.888 Punkten aus dem Handel und gab auf Wochensicht 4,79 % ab. Somit ist der Dow Jones kurz davor, wie es bereits beim S&P 500 und dem Nasdaq 100 seit längerem der Fall ist, sich in einem technischen Bärenmarkt zu befinden. Von einem Bärenmarkt spricht man, wenn der Kursverlust zum vorherigen Hoch mehr als die z. T. arbiträr gewählte Grenze von 20 % überschreitet. Auf Sektorenebene gaben – wie in Europa – der Energie- (-16,97 %) und der Rohstoffsektor (-9,48 %) am deutlichsten nach. Der Gesundheitssektor mit 4,20 % überstand die Woche mit dem geringsten Verlust. Charttechnisch betrachtet, wurde die wichtige 30.000 Marke gerissen, wodurch der Dow Jones auf das Niveau von Januar 2021 zurückfällt und nur noch knapp über dem Vor-Corona-Niveau liegt. Die nächste Unterstützungszone bildet die 200-Wochen-Linie bei 29.175 Punkten. Eine Stabilisierung über der psychologisch wichtigen Schwelle von 30.000 Punkten ist entscheidend und wird vermutlich eine umkämpfte Preiszone darstellen. Das Erholungspotenzial ist aus technischer Sicht derzeit begrenzt, da Kurserholungen auch mögliche Verkaufsgelegenheiten darstellen. Für den weiteren Wochenverlauf könnte die Anhörung von Fed-Chef Jerome Powell am Donnerstag in Washington relevant sein.

Bund-Future

Der Bund-Future notiert aktuell bei 144,42 %-Punkten. Nachdem es bis Freitag zu einer starken Spreadausweitung zwischen Bundesanleihen und italienischen Staatsanleihen kam, sorgte die Ankündigung der EZB, die Finanzierungskosten für schwächere Länder nicht zu weit oder zu schnell steigen zu lassen, für eine enorme Nachfrage nach italienischen Anleihen. Der Spread fiel auf ein Einmonatstief. Trotz dieser Zusicherung bleibt der Bund-Future in einer katastrophalen Verfassung, wenn man sich vor Augen führt, dass er seit dem historischen Hoch vom 5. August 2021 bei 177,61 %-Punkten bis heute mehr als 33 %-Punkte verlor. Wir gehen tendenziell von weiteren Verlusten aus, die uns bis zu den Tiefs aus 2012 und 2013 bei gut 136 %-Punkte führen könnten.

Einschätzung

Solange die skizzierten Belastungsfaktoren zum Tragen kommen, dürften sich die Aktien-, Renten- aber auch die Rohstoffmärkte schwer tun verlorenes Terrain zurück zu gewinnen. Eine ausgewogene Mischung zwischen Value- und Growthaktien scheint sinnvoll. Die Aktienquote sollte sich im neutralen Bereich bewegen.

 

Stand: 20. Juni 2022 – Bitte beachten Sie unsere rechtlichen Hinweise.

Christian Barth

Christian Barth

Der Diplom-Betriebswirt (FH) und Bankkaufmann ist seit 1998 bei der Fürst Fugger Privatbank Aktiengesellschaft beschäftigt. Im Fondsmanagement verantwortet er drei Dachfonds sowie die Analyse von zahlreichen Aktien-, Renten- und Immobilienmärkten.

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