Technischer Aktien- und Rentenmarktkommentar

für die Woche vom 19. – 23.12.2022

DAX

Das hatten sich die Anleger auch anders vorgestellt! Die Hoffnung lag auf den Sitzungen von Fed und EZB. Tatsächlich lagen die Zinserhöhungen mit 50 Bp durchaus im Rahmen. Allerdings sorgten die jeweiligen Begründungen und vor allem der weitere Ausblick für eine kalte Dusche. Der DAX beendete seine Weihnachtsrallye abrupt und verlor 3,32 % in der letzten Woche. Allein rund 600 Punkte am Donnerstag und Freitag. Besonders negativ ist, dass die psychologisch wichtige Marke von 14.000 Punkten unterschritten wurde. Trotz negativer Vorgaben aus Asien startet der DAX leicht freundlich in den Handel vor Weihnachten. Charttechnisch von Bedeutung sind dabei neben der Marke von 14.000 Punkten vor allem die bei knapp 14.080 Punkten notierende 38-Tage-Linie. Sollte die Rückeroberung dieses Widerstands gelingen, könnte die technische Gegenbewegung bis in den Bereich 14.200 Punkten führen. Auf der Unterseite würde das Unterschreiten des Tiefs vom Freitag bei 13.815 Punkten weiteren Abgabedruck bis zur 200-Tage-Linie bei 13.568 Punkten auslösen.

Euro Stoxx 50

Der Euro Stoxx 50 ging am Freitag mit einem Punktestand von 3.804 Punkten aus dem Handel und gab auf Wochensicht -3,50 % ab. Auf Sektorenebene schlossen in der Vorwoche alle Sektoren mit Kursverlusten ab, wobei insbesondere die zyklischen und zinssensiblen Sektoren am stärksten nachgaben. Dazu gehörten der Rohstoff- (-5,30 %), der Tourismus- (-5,25 %) und der Technologiesektor (-4,70 %). Die europäischen Banken konnten sich mit einem Verlust von nur -1,21 % dem Abwärtssog am besten entziehen. Die Rede der EZB-Präsidentin Lagarde am vergangenen Donnerstag, die falkenhafter als erwartet ausfiel, löste einen starken Kursrutsch an den europäischen Börsen aus. Die Seitwärtsphase der vergangenen Wochen wurde dadurch beendet und die Preisschwellen auf der Unterseite geraten in dieser Woche in den Mittelpunkt. Die erste Unterstützungszone bei dem 50 % Fibonacci-Retracement bei 3.832 Punkten wurde durchbrochen, sodass der Euro Stoxx 50 charttechnisch deutlich angeschlagen ist. Sollte das 50 % Fibonacci-Retracement bei 3.832 Punkten schnell wieder erreicht werden, wäre das ein positives Zeichen. Insbesondere, da die letzten 12 Monate zeigten, dass Kursrückgänge zwischen dem 50 % und 38,2 % Fibonacci-Retracement bei 3.687 Punkten kaum eine charttechnische Unterstützung erfahren. Kursrückgänge bis auf die 3.500 Punktemarke sind daher schneller als gedacht möglich. An der 3.500 Punktemarke zeigte sich in den letzten 12 Monate verstärktes Käuferinteresse.

Dow Jones Industrial

Auf Wochenbasis fiel der Dow Jones um 1,66 % auf 32.920 Punkte und verzeichnete somit den zweiten Wochenverlust in Folge. Eingeleitet wurde der Kursrückgang von der Rede des Fed-Chefs Powell, aus der hervorging, dass trotz der rückläufigen Inflationsdynamik der Zinsanhebungszyklus länger andauern wird, als vom Markt erwartet wurde. Der Fed-Chef wiederholt immer wieder, dass der Arbeitsmarkt sehr angespannt sei. Die Fed wird die Zinsen wahrscheinlich erst dann aus eigener Überzeugung senken, wenn sie einen Anstieg der Arbeitslosenquote sieht. Auch wenn die Inflationsdaten weiterhin Entspannung zeigen, will die Fed eindeutig, dass auch der Arbeitsmarkt Schwäche zeigt. Um dies zu erreichen, brauchen sie voraussichtlich eine Rezession. Für den Aktienmarkt sind das keine guten Nachrichten, denn eine mögliche Überstraffung der Fed und eine ernsthafte Rezession sind zwei unschöne Szenarien. Charttechnisch betrachtet, hat der Dow zwei wichtige Preisschwellen nicht halten können. Die 34.000 Punktemarke sowie ganz knapp das 50 % Fibonacci-Retracement. Jetzt rücken wieder die unteren Preisschwellen in den Fokus, die bereits in der September-Verkaufswelle Orientierung für die unteren Limits gaben. Sollte als nächste Unterstützungslinie die 50-Tage-Linie bei 32.583 Punkten reißen, ist ein Test der 32.000 Punkte sehr wahrscheinlich. Diese Preisschwelle war in der Regel von Käufer- und Verkäuferseite sehr umkämpft. Nach der Datenflut in der vergangenen Woche, wird diese Woche deutlich ruhiger. Am Donnerstag wird der für die Fed zur Bestimmung der Inflation relevante PCE-Deflator veröffentlicht sowie die Erstanträge auf Arbeitslosenhilfe. Diese Datenpunkte könnten nochmal Dynamik vor Weihnachten in den Markt bringen.

Bund-Future

Die Ausführungen von US-Notenbank Präsident Powell sowie seiner Kollegin Lagarde von der EZB haben die Bondmärkte ziemlich geschockt. Der Bund-Future schloss den Handel am Freitag bei 137,43 %-Punkten auf dem Wochentief. Die in den Tagen und Wochen davor gesehenen Erholungsversuche mit Kursen bis 142,91 %-Punkten waren innerhalb weniger Tage nur noch Makulatur. Die stärksten Renditeanstieg verzeichneten dabei Italien und Griechenland, aber auch die 10-jährige Bundesanleihe stieg von 1,91 % auf 2,20 % in der Spitze an. Wegen Weihnachten sind die Rentenmärkte traditionell volumensmäßig eher ausgedünnt, sodass wir von einer Seitwärtsbewegung ausgehen.

Einschätzung

Die Zinsen werden stärker steigen, als die Märkte es bisher eingepreist haben. In Kombination mit zunehmend austrocknender Liquidität in der letzten vollen Handelswoche des Jahres und sich weiter abschwächenden Momentum-Indikatoren dürfte die Rallye für heuer ihren Höhepunkt bereits hinter sich gelassen haben. Im neuen Jahr dürfte der Fokus vermehrt auf die Rezession und deren Auswirkungen auf die Unternehmensgewinne liegen. Dies dürfte in Summe erneut zu steigender Volatilität an den Märkten führen.

 

Stand: 19. Dezember 2022 – Bitte beachten Sie unsere rechtlichen Hinweise.

Dieter Langenbucher

Dieter Langenbucher

Der Diplom-Kaufmann univ. ist seit 2005 Portfoliomanager bei der Fürst Fugger Privatbank Aktiengesellschaft und managt den FFPB MultiTrend Flex und den FFPB Rendite. Zudem ist er Mitglied des Anlageausschusses für institutionelle Mandate. Sein besonderes Interesse gilt der Marktstrategie.

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