Technischer Aktien- und Rentenmarktkommentar

für die Woche vom 11. – 15.12.2023

DAX

Hoffnungen auf schon bald stark sinkende Leitzinsen im Euroraum haben den DAX in der letzten Woche auf ein neues Allzeithoch getrieben. Dank der zuletzt deutlich rückläufigen Inflation wird am Kapitalmarkt mittlerweile eingepreist, dass die EZB ihren Einlagensatz bis Ende 2024 um 1,5 Prozentpunkte senken wird. Der DAX hat eindrucksvoll ein neues Allzeithoch erreicht, getragen von anhaltend hohen Gewinnerwartungen für das Jahr 2024. Mit dem Sprung über das alte Allzeithoch bewegt sich der DAX in unbekanntem Terrain. Fakt ist, dass alle technischen Indikatoren mittlerweile einen deutlich überkauften Charakter aufweisen. Nach rund 2.000 Indexpunkten Anstieg seit Ende Oktober können wir uns nur schwer vorstellen, dass die dynamische Aufwärtsbewegung eine Fortsetzung ohne Konsolidierung erfährt. Zumal die DAX-Entwicklung kurzfristig stark davon abhängt, ob sich die Zinssenkungsspekulationen nochmals verstärken und sich deshalb der Rutsch der Anleihenrenditen fortsetzt.

Euro Stoxx 50

Der Euro Stoxx 50, ein Leitindex für die Eurozone, beendete die Handelswoche am Freitag mit einem bemerkenswerten Anstieg auf 4.523 Punkte, was einem wöchentlichen Zugewinn von 2,38 % entspricht. Dies markiert den sechsten aufeinanderfolgenden Wochenanstieg, ein Zeichen für anhaltende Bullenstärke im Markt. Besonders erwähnenswert ist, dass der Index sein Jahreshoch vom 31. Juli, welches bei 4.491 Punkten lag, übertraf. Diese positive Entwicklung wurde durch die Veröffentlichung überraschend starker US-Arbeitsmarktdaten weiter angefeuert, kombiniert mit Signalen der chinesischen Regierung, ihre Fiskalpolitik zu intensivieren, um die inländische Nachfrage zu stimulieren. Der Euro Stoxx 50 erreicht somit ein Niveau, das seit über zwei Jahrzehnten nicht mehr gesehen wurde, was auf ein überraschend starkes Vertrauen in die wirtschaftliche Erholung in der Eurozone hindeutet. Im Sektorenvergleich zeigte der europäische Reisesektor mit einem Anstieg von 4,80 % eine starke Performance. Auf der anderen Seite stand der europäische Rohstoffsektor, der einen Wochenverlust von 3,10 % verzeichnete. Dieser Rückgang wurde insbesondere durch den markanten Kurseinbruch bei Anglo American beeinflusst. Wie bereits vergangene Woche beschrieben, sind anhaltende Aufwärtstrends aus charttechnischer Sicht, in den Bereichen der Jahreshochs nicht ungewöhnlich und müssen nicht zwingend in eine Gegenbewegung münden. Nichtsdestotrotz hat der Euro Stoxx 50 in seiner jüngsten Performance nicht nur die anvisierten Kursziele erreicht, sondern diese auch deutlich übertroffen. Auf der Unterseite sehen wir im Bereich der 4.460 Punktemarke eine erste Unterstützungszone. Obwohl es höchst unwahrscheinlich erscheint, dass die EZB am Donnerstag eine Anpassung der Leitzinssätze vornehmen wird, dürfte der Markt dennoch ein intensives Augenmerk auf diese Sitzung richten. Es wird erwartet, dass eine mögliche Neugestaltung des Zeitplans für das Auslaufen des Pandemie-Notkaufprogramms (PEPP) im Fokus der Diskussionen steht. Des Weiteren ist anzunehmen, dass die EZB eine kritische Haltung gegenüber der aktuellen Markteinschätzung einnehmen wird, die bereits für April eine Zinssenkung antizipiert.

Dow Jones Industrial

Dank solider Wirtschaftsdaten konnte der Dow Jones Index die vergangene Woche mit einem marginalen Zuwachs abschließen und schloss bei einem Stand von 36.247 Punkten. Die positive Entwicklung am Arbeitsmarkt hatte zur Folge, dass Anleihenhändler ihre Prognosen bezüglich Zinssenkungen im Jahr 2024 revidieren mussten, was einen Anstieg der Renditen zehnjähriger Staatsanleihen auf 4,22 % zur Folge hatte. Der Dow erzielte seinen höchsten Schlussstand seit Januar 2022 und nähert sich nun seinem Allzeithoch. In der sechsten Woche in Folge verbuchten alle drei großen US-Indizes – der S&P 500, der Nasdaq 100 und der Dow – Gewinne. Der VIX-Index, auch bekannt als der Angst-Index der Wall Street, erreichte vergangene Woche erstmals wieder das Niveau, das er vor der Pandemie innehatte und liegt bei 12,35 Punkten. Auf Sektorenebene präsentiert sich der IT-Sektor als Spitzenreiter mit einem Zuwachs von 0,95 %, während der Energiesektor mit einem Wochenverlust von 3,60 % das Schlusslicht bildet. In der vergangenen Woche zeigte der Dow aus charttechnischer Sicht wenig neue Impulse. Es steht noch offen, ob in dieser ereignisreichen Woche die Bullen oder die Bären die Oberhand gewinnen werden. Ein besonderes Augenmerk liegt auf der Sitzung der Fed am Mittwoch, sowie auf der Veröffentlichung der US-Inflationszahlen am Dienstag und der US-Einzelhandelsumsätze am Donnerstag. Diese Ereignisse haben das Potenzial, signifikante Marktbewegungen auszulösen. Falls die Bullen die Oberhand gewinnen, ist eine Aufwärtstendenz bis zu dem Allzeithoch von 36.799 Punkten zu erwarten. Ein Ausbruch über diese Schwelle hinaus könnte ein mittelfristiges Kaufsignal darstellen. Sollten jedoch die Bären dominieren, könnte eine Korrektur bis zur Unterstützungsmarke bei dem 76,4 % Fibonacci-Retracement bei 35.147 Punkten eintreten.

Bund-Future

Die positive Entwicklung beim Bund-Future setzte sich auch in der vergangenen Woche fort. Haupttreiber hierfür waren verstärkte Spekulationen über mögliche Zinssenkungen im Jahr 2024 durch die Europäische Zentralbank. Mitte letzter Woche erreichte der Bund-Future mit 135,89 %-Punkten ein Niveau wie zuletzt Mitte Mai dieses Jahres. Die Hoffnungen auf eine schnelle Zinssenkung durch die EZB halten wir dennoch für verfrüht. Angesichts der noch erhöhten Kerninflation und des weiter hohen Lohndrucks dürfte der Spielraum für Zinssenkungen derzeit kleiner sein als der der Fed. Das Enttäuschungspotenzial könnte daher groß sein. Ein Test der wichtigen 200-Tage-Linie bei 132,57 %-Punkten erscheint in einem derartigen Umfeld jederzeit möglich.

Einschätzung

Diese Woche richtet sich der Blick erneut auf die Aussagen der großen Notenbanken. So stehen bereits morgen die US-Verbraucherpreise vor der Veröffentlichung. Wir gehen davon aus, dass mit Veröffentlichung die Zinssenkungs-Euphorie etwas gebremst wird. Auf ihrer am Mittwoch stattfindenden Sitzung wird die Fed zudem versuchen, die Zinssenkungsfantasie nicht weiter anzuheizen. Denn diese haben zuletzt die Marktzinsen gedrückt und die Aktienkurse beflügelt. Wir erwarten daher, dass Fed-Präsident Powell betonen wird, wie wichtig es ist, die Leitzinsen lange genug auf einem hohen Niveau zu belassen.

 

Stand: 11. Dezember 2023 – Bitte beachten Sie unsere rechtlichen Hinweise.

Weltkarte
Christian Barth

Christian Barth

Der Diplom-Betriebswirt (FH) und Bankkaufmann ist seit 1998 bei der Fürst Fugger Privatbank Aktiengesellschaft beschäftigt. Im Fondsmanagement verantwortet er drei Dachfonds sowie die Analyse von zahlreichen Aktien-, Renten- und Immobilienmärkten.

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