Kommentar
Die zu erwartenden Folgen des Klimawandels sind schon seit Jahren bekannt und es fehlte auch nicht an kritischen Stimmen und Mahnern, endlich etwas zu unternehmen, aber so richtig auf der politischen Agenda ist das Thema erst seit einigen Monaten. Das dürfte auch ein Verdienst der jungen Schwedin Greta Thunberg sein, die weltweit ihre Altersgenossen mobilisiert und damit den politischen Druck deutlich erhöht hat. Nun also soll gehandelt werden, auch und gerade in Deutschland, wobei kritische Stimmen der Regierung wenig planvolles Vorgehen bescheinigen, so Friedrich Merz in seinem Interview mit dem Chefredakteur der Augsburger Allgemeinen am 24. September in Augsburg: „Die Koalition hat jahrelang klimapolitische Diskussionen geführt und ist dann plötzlich durch Greta Thunberg und den UN-Weltklimagipfel unter einen enormen Zeitdruck geraten und musste […] einen Paradigmenwechsel in der Umweltpolitik vollziehen“, so Merz. Natürlich habe die Koalition einige Dinge zuwege gebracht, die in die richtige Richtung wiesen, aber es sei keine langfristige und strategische Planung erkennbar. Lesen Sie dazu auch unseren Beitrag Friedrich Merz
Nachdem das Thema Klimawandel nun also ins Zentrum des politischen Bewusstseins gerückt ist, spielt es konsequenterweise auch bei der Geldanlage eine zunehmend wichtige Rolle. Und auch hier sei die Frage gestattet, ob die vielfältigen Ansprüche und Forderungen an nachhaltiges Investieren immer zielführend im Hinblick auf die gewünschte ökologische Wirkung sind. Laut einer Studie der französischen Fondsgesellschaft BNP Paribas sind zwar 55 % der Deutschen interessiert an Informationen zu nachhaltigen und verantwortlichen Anlagen, ein tatsächliches Investment in diese Produkte erfolgt aber bislang nur durch 5 % der deutschen Anleger. Das könnte auch an der begrifflichen Unschärfe und den vielfältigen Sichtweisen zu grünen Investments liegen. Denn die nachhaltige Geldanlage wird nicht nur mit Investments in Technologien, die mit besonders geringen CO2-Emissionen verbunden sind, in Verbindung gebracht, vielmehr fallen auch Kriterien wie Vielfalt in den Führungsgremien oder soziale Aspekte der Unternehmen darunter. Das Ganze nennt sich dann ESG (Environment, Social, Governance) und ist in seiner Komplexität nicht wenig verwirrend, auch wenn die EU genaue Definitionen liefern will, um ein gemeinsames Verständnis zu schaffen. Selbstverständlich wird sich das dann auch in entsprechenden Regelwerken für die Anlageberatung der Banken niederschlagen. Persönlich drängt sich mir der Verdacht auf, es soll künftig am nachhaltigen Investitionswesen die ganze Welt genesen. Natürlich wäre es toll, wenn mit der Rettung des Klimas gleich auch noch die Frauenquote in den Unternehmen und die Arbeitnehmerrechte gestärkt würden. Gerade weil das Thema Weltklima so akut ist, wäre es aber angeraten, Ziele zu priorisieren und nicht zu viel auf einmal zu wollen.
Prinzipiell gilt: Zentrale Kriterien für eine Anlageentscheidung sind auch für denjenigen, dem der Schutz der Umwelt und das Weltklima am Herzen liegen, einstweilen immer noch Sicherheit, Rendite, Flexibilität und Liquidität. Nun müssen sich insbesondere Sicherheit, Rendite und Nachhaltigkeit keinesfalls ausschließen, im Gegenteil: Nachhaltigkeitsrisiken können sich verhängnisvoll auf die Sicherheit eines Investments auswirken, deren Vermeidung mithin die Sicherheit deutlich erhöhen. Und nachhaltiges Wirtschaften und Rendite schließen sich ebenfalls nicht aus. Ob das dann im Umkehrschluss gar bedeutet, dass nachhaltige Investments per se langfristig eine bessere Rendite/Risikorelation erzielen, was vielfach propagiert wird, muss nach meiner Einschätzung allerdings erst noch bewiesen werden. Kurzfristig könnte allein der aufgrund des zunehmenden Trends zu nachhaltigen Investments zu erwartende Mittelzufluss in entsprechende Produkte deren Kursentwicklung befeuern.