Geht die europäische Rallye von zu positiven Annahmen aus?
Zu Beginn des Jahres schienen die Rollen klar verteilt: die US-Börsen vorneweg und Europa mit einigem Abstand dahinter. Doch die europäischen Aktienindizes können momentan überzeugen – allen voran der DAX: Der stieg seit Jahresstart um 14,5 % und der EUROSTOXX 50 um 13,0 %. Zum Vergleich: der S&P 500 kommt auf ein Plus von 4,0 %, der NASDAQ 100 auf 5,0 %.
Verkehrte Welt? Keineswegs: Wir erleben derzeit eine europäische Rallye, für die es nicht „den einen“ Auslöser gibt, sondern die auf diverse Gründe zurückzuführen ist. Ein Grund ist das deutlich niedrigere Zinsniveau als in den USA. Während in der Eurozone weitere Zinssenkungen und eine kontinuierlich sinkende Inflation zu erwarten sind, bleibt die Fed weiterhin restriktiv und hält die Zinsen deutlich höher. Auch ist das große Schreckgespenst Strafzölle bislang weniger furchterregend als erwartet. So gibt es noch keine konkreten Maßnahmen gegen die EU oder Deutschland und der Umgang der USA mit Kanada und Mexiko stimmt eher zuversichtlich.
Auch die anstehende Bundestagswahl schürt die Hoffnung auf politische Impulse für die Wirtschaft. Nicht zuletzt spielt das Preisniveau eine Rolle: Viele institutionelle Investoren haben aus den USA umgeschichtet und vermehrt in das deutlich günstigere Europa investiert. Gerade im DAX profitieren die Werte, die auch bereits im vergangenen Jahr für Wertbeiträge gesorgt haben, wie etwa Rheinmetall, Siemens, Siemens Energy oder SAP. Auf europäischer Ebene tragen derzeit Versicherer und Technologieunternehmen zur guten Performance bei. Die erfreuliche Rallye in Europa ist jedoch auf Indexebene zunehmend fragil. Sie preist ein bestmögliches Szenario im Umgang mit den USA ein. Hinzu kommt der Faktor Geopolitik, die aktuell die USA an sich gerissen haben.
US-Präsident Trump hat sich in den ersten Wochen seiner Amtszeit hauptsächlich mit Migration, dem Rückbau von Behörden und mit Russland auseinandergesetzt. Angesichts des nach wie vor positiven Wirtschaftswachstums in den USA sowie der schieren Dimensionen der US-Wirtschaft ist eine deutliche Aufholjagd der US-Börsen in den nächsten Wochen nicht unrealistisch. Kommen weitere politische Vorgaben dazu, könnten sie erhebliche Dynamik auslösen und die alte Ordnung wieder herstellen: Wall Street vorneweg, DAX & Co. dahinter.