Was den US-Markt derzeit attraktiver macht als Europa
Mittlerweile sind rund acht Wochen seit Beginn des Kriegs in der Ukraine vergangen und die Märkte fragen sich zunehmend nach seinen wirtschaftlichen Folgen. Während sich die globalen Börsen grundsätzlich von Kriegen und Katastrophen auch wieder erholen würden, ließe sich im jetzigen Fall das Timing der Erholung nur schwer voraussagen, meint Norbert Frey, Leiter Fondsmanagement der Fürst Fugger Privatbank: „Fakt ist, dass die ökonomischen Folgen des Krieges weltweit zu spüren sein werden, wobei sich das Ausmaß regional unterschiedlich darstellen dürfte.“ Vor allem für Europa hätten die Wirtschaftsforschungsinstitute die Prognosen für das BIP deutlich gesenkt – und hier vor allem für Deutschland. So erwarte die Bundesregierung für dieses Jahr nur noch ein Wirtschaftswachstum von 1,8 % und damit noch weniger als die Forschungsinstitute.
Neben den direkten Folgen des Ukraine-Kriegs bestünde auch noch die Inflationsentwicklung als Herausforderung für die Notenbanken, gibt Norbert Frey zu bedenken: „Die Welt bewegt sich derzeit bereits auf einem schmalen Grat zwischen Wachstum und Inflation – die Fehlertoleranz ist also gering.“
Steigende Inflationsraten seien vor allem für festverzinsliche Anlagen eine Herausforderung. Gerade in Europa böten sie keinen Schutz vor Inflation, da sie real eine negative Rendite aufwiesen, erläutert Frey: „Insgesamt sind große Teile des Rentenmarktes so unattraktiv, dass sich Anleger den Aktienanlagen zuwenden.“ Dies gelte umso mehr, als technische Indikatoren darauf hindeuteten, dass sich die laufende Erholung der Aktienmärkte noch etwas fortsetzen könnte.
„Auch das weitere Performancepotenzial für Aktien halten wir zunächst für begrenzt“, relativiert Norbert Frey. Zu bevorzugen sei weiterhin eine breite Aufstellung mit dem Schwerpunkt USA. Der Markt dort habe seine Defensivqualitäten erneut bestätigt. Zwar könne der europäische Markt derzeit mit einer niedrigeren Bewertung punkten und dürfte bei Erholungsphasen im Fokus stehen. „Für eine stärkere Gewichtung europäischer Aktien ist es unter Chance-/Risikoaspekten noch zu früh“, gibt Frey zu bedenken. Für ihn steht fest: „Die Gefahr eines sich intensivierenden Stagflationsszenarios besteht weiterhin.“ Er bevorzuge daher auf der Branchenseite den Energiesektor und die defensiven Qualitäten des Gesundheitssektors.