Bondmärkte im Seitwärtstrend
Waren die Renditen der Staatsanleihen in der Eurozone und in den USA zum Jahresanfang noch teils kräftig angestiegen, befinden sie sich seit Mitte Mai in einem Seitwärtstrend. Ein weiteres Mal scheint sich die Hoffnung so mancher Sparer auf eine Rückkehr der Zinsen nicht zu bewahrheiten – trotz nach wie vor grassierender Inflationsangst.
Für Marko Behring, Leiter Asset Management der Fürst Fugger Privatbank, ist das keine große Überraschung: „Die Zentralbanken halten die gegenwärtigen Preissteigerungen für eine temporärere Erscheinung“, stellt er fest. Sie sei nach Ansicht der Notenbanker primär durch Basiseffekte und Lieferkettenprobleme zustande gekommen und dürfte sich schon bald normalisieren. Überhaupt geht Behring nicht von vorschnellen Zinsschritten der Zentralbanken aus, auch wenn zu erwarten sei, dass im August beim Treffen der Zentralbanken in Jackson Hole die ersten Weichen für einen zumindest zaghaften Kurswechsel gestellt werden. „Eine Drosselung der großzügigen Anleihekaufprogramme wird spätestens zum Jahresbeginn 2022 kommen. Steigende Leitzinsen erwarten wir jedoch erstmal nicht“, meint Behring. Die Zinsen für 10-jährige deutsche Staatsanleihen, für 10-jährige US-Staatsanleihen, aber auch für 10-jährige europäische Unternehmensanleihen sind in der ersten Jahreshälfte bereits gestiegen, und haben die demnächst anstehende Reduktion der Anleihekaufprogramme perspektivisch bereits vorweggenommen. „Die Zinsanstiege, die wir im Frühjahr am Bondmarkt gesehen haben, sind alles andere als eine Trendumkehr“, erklärt Behring. Und weiter: „Die Chancen für Anleihekäufer stehen nach wie vor in keinem Verhältnis zu den Risiken.“
Hinzu käme, dass die Zentralbanker eine bemerkenswerte Lockerheit angesichts steigender Preise demonstrierten. So hatte Fed-Chef Jerome Powell in einer Anhörung im US-Repräsentantenhaus klar gemacht, dass man die nicht präventiv erhöhen werde, weil man den möglichen Beginn einer Inflation befürchte. „Wir werden auf Beweise für eine tatsächliche Inflation oder andere Ungleichgewichte warten“, wird Powell zitiert. „Der Traum der Festgeldsparer von steigenden Zinsen ist fürs Erste ausgeträumt“, folgert daher Marko Behring. Nach dem Wiedereröffnungsboom sieht er das Wachstum bald wieder auf niedrigere Niveaus zurückkehren. Und ob die Zentralbanken ausgerechnet dann bereit wären, an der Zinsschraube zu drehen, sei mehr als fraglich. Angesichts dieser Gemengelage dürften Anleger mit Aktien auch auf längere Sicht besser fahren.