Droht uns ein Double Dip?

Rückgang des deutschen BIP als möglicher Indikator

Viele Anleger vertrauen darauf, dass wir das Schlimmste der Corona-Krise bereits hinter uns haben. Und tatsächlich steigen an den Börsen seit Wochen die Kurse. Für Marko Behring, Leiter Asset Management der Fürst Fugger Privatbank, wird dieses Vorauslaufen der Aktienmärkte jedoch zunehmend zu einer Hypothek für die Zukunft. Er meint: „Wenn der Anstieg am Markt Bestand haben soll, dann sollte die Realwirtschaft die Entwicklung der Märkte nachvollziehen. Sonst könnte es auch einmal wieder abwärts gehen.“ Seit dem zweiten Weltkrieg haben wir elf Rezessionen gesehen. In acht von elf Rezessionen kam es zu „Double Dips“ – also einem neuerlichen BIP Rückgang nach einer ersten Erholung. Ausnahmen war die Rezession von 1953, der Abschwung in 1980 und jener im Jahr 1990. In allen anderen Fällen ging es nach einer zwischenzeitlichen Erholung konjunkturell erst einmal mindestens ein weiteres Quartal abwärts.

Kluft zwischen Wallstreet und Mainstreet ist größer geworden

„Je stärker dabei der erste Abschwung ausfiel, desto wahrscheinlicher war stets ein Double Dip“, so Marko Behring. Das deutsche Bruttoinlandsprodukt (BIP) ist im zweiten Quartal 2020 gegenüber dem ersten Quartal um 10,1 % gesunken. Das war der stärkste Rückgang seit Beginn der vierteljährlichen BIP-Berechnungen für Deutschland im Jahr 1970. Ein ähnliches Bild auch in den USA: Gegenüber dem Vorquartal sank das BIP um 9,1 %. „Die derzeitige Rezession würde zumindest statistisch zu einem Double Dip-Szenario passen“, meint Behring.

Zumal fraglich ist, wie wirksam die Stimulation seitens der Notenbank ist. Aufgeschobene Investitionen und verminderter Konsum sind diesmal nicht die Folge eines Vertrauensverlustes, so wie 2008, als das Vertrauen ins Bank- und Geldsystem erschüttert war. In der aktuellen Krise liegt der Grund in einem Bedrohungspotential, das außerhalb des Einflussbereiches der Zentralbanken liegt. Die Kluft zwischen Wallstreet und Mainstreet ist größer geworden. „Überspitzt ausgedrückt wird ein Angestellter in Kurzarbeit nicht deswegen auf Shopping-Tour gehen, weil die Apple-Aktie ihren Wert verdoppelt hat,“ so Behring.

Was bedeutet das für Anleger?

„So lange die Musik spielt, wird getanzt“, meint Marko Behring. Also „Gewinner laufen lassen und sich an der guten Stimmung erfreuen. Dieser Trend kann auch länger anhalten.“ Er sollte nur nicht in Euphorie kippen.

Außerdem: genau beobachten, vor allem die monatlich gemeldeten Einkaufsmanagerindizes, die bislang ein positives Bild zeigen. Auch der Hypotheken- und Immobilienmarkt ist wichtig. Welche Ausfallraten vermelden die Hypothekenbanken? Hier können die nächsten Monate entscheidend werden. Marko Behring warnt: „Fangen die Marktteilnehmer an, trotz des locker sitzenden Zentralbankgeldes in den Risk-Off-Modus zu gehen, dann wäre dies ein klares Warnsignal.“

Und „Vorsicht vor Euphorie“, rät Marko Behring. Die Anleger sollten unbedingt auf Anzeichen euphorischen Überschwangs achten. „Viele Titel müssen in das Niveau ihrer aktuellen Bewertungen erst noch hineinwachsen – und das ist in einem schwierigen Umfeld alles andere als sicher.“

Foto Marko Behring

Marko Behring

Leiter Asset Management. Nach seinem Studium der Betriebswirtschafslehre und einer Tätigkeit bei einem Hamburger Bankhaus trat er 2011 in die Fürst Fugger Privatbank ein. Er ist Teil des Managementgremiums des FFPB Global Flex und des FFPB Konservativ und zudem verantwortlich für die Verwaltung von Spezialmandaten.

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