Eine Zinserhöhung von 50 Basispunkten wäre vernünftig

Die EZB kann nun zeigen, dass sie ihr Mandat ernst nimmt

Nachdem sich die EZB im Juni noch nicht zu einer Leitzinserhöhung durchringen konnte, dürfte es nun aber so weit sein. Reuters und Bloomberg berichten übereinstimmend, dass sogar eine Zinsanhebung von nicht nur 25 sondern gleich 50 Basispunkten ins Haus stehen könnte.

„Die Gerüchte, dass die EZB den Zins stärker anhebt als erwartet, sind ernst zu nehmen. Die Entwicklung an den Finanzmärkten würde jedenfalls dazu passen“, meint Marko Behring, Leiter Asset Management der Fürst Fugger Privatbank. So habe der Euro nach seinem Ausflug in Richtung Parität die 1,02 Dollar zurückerobert und auch die Rendite zweijähriger deutscher Anleihen, die auf kurzfristige Zinserwartungen besonders sensibel reagieren sei auf über 0,6 % geklettert – den höchsten Stand seit zwei Wochen.

Behring gibt zu bedenken, dass neben den Lieferkettenengpässen, dem Ukraine Konflikt und den gestiegenen Energiepreisen auch der drastische Verfall des Euro die Inflation befeuert habe, und folgert: „Unter Berücksichtigung der Teuerungsraten von zuletzt 8,6 % in der EU, erscheint eine etwas mutigere Zinspolitik gerechtfertigt.“ Die US-Zentralbank habe bereits zu Jahresbeginn die Zinswende eingeleitet. Die zwischenzeitig entstandene Zinsdifferenz habe durchaus ihren Anteil am sich abschwächenden Euro und begünstige Teuerungsraten, insbesondere bei der Energie.

„Eine Zinserhöhung von 50 Basispunkten wäre vernünftig“, ist Marko Behring daher überzeugt. Zwar hätten die Zinsen italienischer, spanischer, portugiesischer und griechischer Staatsanleihen seit Jahresbeginn vor allem in Relation zu deutschen Staatsanleihen angezogen, doch das sei noch nicht besorgniserregend. „Die relativen und absoluten Niveaus südeuropäischer Anleihen liegen nach wie vor weit unter den Stresslevels, die wir vor gut 10 Jahren zum Höhepunkt der Staatsschuldenkrise gesehen haben“, relativiert Behring. Er erinnert daran, dass sich der damaligen EZB Chef Mario Draghi in einer zwischenzeitlich berühmt gewordenen Rede damals zur Intervention am Staatsanleihenmarkt entschlossen habe. „Vielleicht ist es an der Zeit für ein neues „Whatever it Takes“ – nur diesmal mit umgedrehtem Vorzeichen, wenn nicht jetzt, wann dann?“

Die derzeitigen Teuerungsraten würden sich zwangsläufig auf die Konsumfreude und die Ertragskraft der Unternehmen auswirken und seien daher auf mittlere Sicht Gift für die Konjunktur, gibt Marko Behring zu bedenken: „Die Fed hat mit ihrer Erhöhung von 75 Basispunkt die Richtung vorgegeben – und ihre Glaubwürdigkeit gestärkt. Die EZB kann nun zeigen, dass sie ihr Mandat noch ernst nimmt, und sollte zumindest mit 50 Basispunkten nachziehen.“

Foto Marko Behring

Marko Behring

Leiter Asset Management. Nach seinem Studium der Betriebswirtschafslehre und einer Tätigkeit bei einem Hamburger Bankhaus trat er 2011 in die Fürst Fugger Privatbank ein. Er ist Teil des Managementgremiums des FFPB Global Flex und des FFPB Konservativ und zudem verantwortlich für die Verwaltung von Spezialmandaten.

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