In der zweiten Reihe brodelt es

Kleine Unternehmen als Seismografen des Gesamtmarkts

Die Rallye an den US-Börsen geht an vielen Unternehmen vorbei: Ja, der S&P 500, der die größten US-Unternehmen repräsentiert, konnte im Jahresverlauf 7 % zulegen. Der Small-Cap-Index Russell 2000 hingegen notiert etwa 1 % im Minus. Für uns ist das ein Anzeichen, um hellhörig zu werden: Kleinere Unternehmen sind in der Regel anfälliger für wirtschaftliche Veränderungen als große. Möglicherweise bereiten sich die Investoren bereits auf wirtschaftliche Turbulenzen vor. Die inverse Renditekurve von US-Staatsanleihen und die Stärke der Goldpreise sind ähnliche Indikatoren.

Besonders auffällig ist der Rückgang seit dem Frühjahr. Der Russell 2000 ist seit dem Ausbruch der Turbulenzen bei mehreren US-Regionalbanken Anfang März um 7 % gesunken. In der Vergangenheit tendierten Small Caps dazu, vor wirtschaftlichen Schwächephasen zu schwanken. Die Investoren scheinen zu befürchten, dass eine mögliche Kreditverlangsamung zuerst die kleineren Unternehmen betrifft. Danach könnte sie sich auf die gesamte Wirtschaft auswirken.

Zwar gibt es für einen starken Rückgang des Wachstums bislang kaum Anzeichen, einige Marktteilnehmer glauben aber, dass die Zinserhöhungen im letzten Jahr gerade erst begonnen haben, sich auszuwirken. Und die Bankeninstabilität schadet vor allem den kleineren US-Unternehmen. Mehr als zwei Drittel aller kleinen Unternehmer in den USA nutzen eine kleine oder regionale Bank.

Zu einem kompletten Bild gehört jedoch auch das Potenzial der Small Caps. Dass sie empfindlich auf wirtschaftliche Schwankungen reagieren, gilt in beide Richtungen. In einer Markterholung können sie frühzeitig glänzen. In den letzten sechs Bärenmärkten konnte der Russell 2000 nach dem jeweiligen Tiefpunkt des Bärenmarkts durchschnittlich eine Gesamtrendite von 44,8 % erzielen – deutlich mehr als der S&P 500 mit 32,2 %.

Und ein weiterer Faktor ist zu berücksichtigen: Das Marktsegment der US-Small Caps ist deutlich unterbewertet. Der Small-Cap-Index S&P 600 weist derzeit ein Kurs-Gewinn-Verhältnis von etwas über 13 auf. Zum Vergleich: Der 10-Jahres-Durchschnitt liegt bei 18,2. Auf jeden Fall ist es also sinnvoll, Aktien von kleineren Unternehmen weiter zu beobachten. Dreht bei den Small Caps der Trend, ist dies meist ein Fingerzeig darauf, dass bald der Gesamtmarkt in Bewegung gerät.

Christoph Mertens

Christoph Mertens

Der Portfoliomanager ist nach seiner Tätigkeit im Vermögensmanagement für Firmenkunden in einem anderen Institut und seinem Studium der Bankbetriebslehre seit 2011 für die Fürst Fugger Privatbank tätig. In der Niederlassung Köln ist er verantwortlich für das Management von Spezialfonds und Vermögensverwaltungen für Pensionskassen, Family Offices, Arbeitgeberverbände, Spendenorganisationen, Stiftungen und Unternehmen. Außerdem ist er Teil des Managementgremiums der klassischen Vermögensverwaltung.

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