Berichtssaison, Geldmarktpolitik, Deltavariante und China als marktbestimmende Themen.
Von den Unternehmen aus dem marktbreiten Aktienindex S&P 500, die bisher ihre Zahlen präsentiert haben, konnten so viele die Gewinn- oder Umsatzerwartungen übertreffen, wie seit der Finanzkrise nicht mehr. Und das bei einem Gewinnwachstum von 85 Prozent anstelle der erwarteten 63 Prozent. Hinzu kommt, dass laut der Investmentbank JPMorgan etwa acht von zehn Unternehmen ihre Prognose für das Gesamtjahr erhöht haben. Ein Rekord. Und doch scheinen die starken Unternehmenszahlen dem Aktienmarkt keinen großen Auftrieb gegeben zu haben, wie Andrea Greisel vom Asset Management der Fürst Fugger Privatbank feststellt.
Für sie geht der Blick bereits Richtung Fed. So habe der starke US-Arbeitsmarktbericht vom vergangenen Freitag die Tapering-Diskussion wieder belebt. „Wir erwarten, dass der Fed-Vorsitzende Jerome Powell auf dem Zentralbankensymposium in Jackson Hole Ende des Monats erste, vorsichtig formulierte Hinweise auf eine Reduzierung der Wertpapierankäufe geben wird“, meint Greisel. Einen detaillierten Plan für Beginn und Umsetzung des Taperings erwarte sie dann für die Dezember-Sitzung der Fed. Vorher müssten die Marktteilnehmer entsprechend vorbereitet werden.
Anders in Europa: Hier habe sich die EZB auf ein symmetrisches Inflationsziel von 2 Prozent geeinigt, erklärt Andrea Greisel: „Das symmetrische Inflationsziel von 2 Prozent bedeutet vor allem, dass sich die EZB nicht vorab zum Handeln verpflichtet, wenn die Inflationsrate darüber liegen sollte. Die EZB hat sich damit die nötige Flexibilität verschafft, um ihre äußerst expansive Geldpolitik noch länger fortzusetzen – zumindest einstweilen.“
Daneben dominiere auch die grassierende Delta-Variante und die damit verbundene Angst vor einer langsameren Rückkehr zur Normalität das Marktgeschehen. Auch die laut Bloomberg weltweit bereits verimpften mehr als 4,4 Milliarden Impfdosen schienen nicht auszureichen, um die Deltavariante im Zaum zu halten. Dennoch meint Greisel: „Wir gehen davon aus, dass die Industrie den Anstieg der Covid-19 Fälle ohne erneuten Lockdown übersteht.“
Nicht zu vergessen sei dabei auch die weitere Entwicklung in China, gibt Andrea Greisel zu bedenken: „Das harte Vorgehen der chinesischen Regierung gegen Tech-Firmen, aber auch Bildungseinrichtungen sowie den Immobilien- und Gesundheitssektor sorgt für enorme Verunsicherung. Es scheint Teil von Chinas neuer Industriepolitik zu sein.“ Dennoch würden Chinaexperten davon ausgehen, dass sich China keine wirtschaftlichen Perspektiven verbauen und ausländische Geldgeber dauerhaft verprellen werde.
Was bedeutet das die Depots der Anleger?
Trotz der Inflationssorgen und des jüngsten Renditeanstieg, böten die Anleihemärkte nach wie vor kaum Anlagealternativen, meint Andrea Greisel, und die Fürst Fugger Privatbank bleibe langfristig bei Aktien optimistisch. Sie schränkt dies jedoch etwas ein: „Wir halten das Aufwärtspotential in den nächsten Wochen für begrenzt, da bereits viel Positives eingepreist ist. Die Tapering-Diskussion und die Entwicklungen in China dürften einiges an Volatilität beisteuern.“ Zudem sei der August börsenstatistisch gesehen eher ein schlechter Aktienmonat, weshalb sich die Fuggerbank mit einem lediglich leichten Aktienübergewicht positioniert habe.