Diskussion der Zentralbanken um Tapering wirft Schatten voraus
Angesichts der vielen Anzeichen einer wirtschaftlichen Erholung hat bei den Zentralbanken die Diskussion um das sog. „Tapering“ begonnen, also ein Zurückfahren der Anleihekäufe. Andrea Greisel, Asset Management der Fürst Fugger Privatbank, macht deutlich, dass dies nicht gleichbedeutend mit Zinserhöhungen ist: „Die Mehrzahl der Marktteilnehmer erwartet eine Zinserhöhung für die USA Ende 2022. Mit einer Ankündigung des Taperings rechnen die Experten allerdings bereits im Dezember.“
Aufgrund dessen zog die Rendite der zehnjährigen amerikanischen Staatsanleihen seit Jahresanfang von 1 auf bis zu 1,75 % (aktuell 1,60 %) an. Greisel findet es bemerkenswert, dass die Aktienmärkte jetzt schon kalte Füße zu bekommen scheinen, obwohl FED und EZB immer wieder betonten, dass sie die Wirtschaft weiterhin stärken wollen. Die eigentliche Ursache sieht sie daher woanders: „Die Märkte stellen sich die Frage, wie die Notenbanken den Ausstieg schaffen wollen. Diese Frage wirft ihre Schatten voraus.“ Denn dann könnten den Märkten schwierige und volatile Zeiten bevorstehen. Kurzfristig sieht Greisel aber die positiven Themen überwiegen. Der Erfolg bei den Impfungen und die Hoffnung auf eine Rückkehr Europas in eine gewisse Normalität nach den Covid-Lockdowns unterstützten dieses Bild – noch. Andrea Greisel meint: „Mit zunehmender Abschwächung der Corona-Effekte werden wirtschaftliche Daten wieder mehr in den Fokus rücken, um Wachstumsperspektiven zu beurteilen.“ So wie etwa die positiven ZEW-Konjunkturerwartungen für Mai. Sie gäben angesichts der Öffnungen von Hotel- und Gaststättengewerbe sowie des Freizeitsektors ein realistisches Bild ab. „In Anbetracht gut gefüllter Auftragsbücher wären eigentlich die Weichen für ein kräftiges Anziehen der Industriekonjunktur gestellt“, findet Andrea Greisel. „Einzig der Materialmangel im verarbeitenden Gewerbe bremst die Dynamik etwas. Aber auch diese Lieferengpässe werden sich auflösen.“
Was bedeutet das für die Depots der Anleger?
Für Andrea Greisel bleibt auf mittlere Sicht Inflation ein Thema, das es zu berücksichtigen gilt – insbesondere die Frage, wie nachhaltig diese sein wird: „Angesichts der ansteigenden Nervosität an den Märkten und den zuletzt gesehenen ausgeprägten Kursschwankungen sind Anleger gut beraten, sich etwas defensiver aufzustellen. Gerade mit Blick auf die Inflationsentwicklung sind Unternehmen mit entsprechender Preisumsetzungsmacht spannend, wie etwa hochwertige Konsumwerte.“ Tech-Titel könnten temporär etwas reduziert werden. Auf der Rentenseite würden sich Fonds mit inflationsgeschützten Anleihen anbieten.