Inflation, Arbeitsmarkt und volatilere Märkte lassen Anleger vorsichtiger werden
Erstmals seit 2019 hat die Europäische Zentralbank (EZB) die Leitzinsen wieder gesenkt. Als eine der ersten Zentralbanken. Und das, obwohl sie ihre Zinsen erst vergleichsweise spät erhöht hatte. Mit Aussagen zu weiteren Zinserleichterungen hält sie sich jedoch zurück. Stattdessen wurden mögliche Erwartungen eher gedämpft. Das ist auch gut so. Die EZB tut gut daran, keine Hoffnungen auf weitere Zinssenkungen zu schüren, denn die Risiken bleiben hoch. Nachdem die Inflation im Euroraum zuletzt wieder höher ausgefallen ist als erwartet, musste die EZB ihre Inflations- und Wachstumsprognosen für 2024 und 2025 leicht anheben. Auch der anhaltende Lohndruck in Europa lässt die EZB vorsichtig agieren. Und die EZB dürfte für weitere Zinsschritte die Fed im Auge behalten, die ihrerseits die Zinswende noch etwas aufschieben muss – nicht zuletzt wegen des starken US-Arbeitsmarkts.
Von der Fed sind daher keine Überraschungen zu erwarten. Alle Marktteilnehmer sind sich einig, dass der amerikanische Leitzins vorerst unverändert bleiben wird. Ein „higher for longer“ scheint kurzfristig noch eingepreist zu sein und die Kapitalmärkte halten sich erstaunlich gut. Die Lage ist jedoch angespannt. Fed und EZB fahren daher weiter auf Sicht, denn die Situation bleibt sehr datenabhängig und uneinheitlich. Angesichts der insgesamt etwas unsicheren Gemengelage sollten Anleger über die Sommermonate hinweg von volatilen bis leicht fallenden Aktienkursen ausgehen und sich eher etwas vorsichtig positionieren.
Wer sich auf der Anleihenseite die einträglichen Renditen für die nächsten Jahre gesichert hat, kann an einer leichten Übergewichtung der Aktienseite festhalten und über den Sommer schwache Tage nutzen, um sie weiter auszubauen. Geografische Schwerpunkte sehen wir in den USA und Europa. Wir empfehlen, dabei auf ein ausgewogenes Verhältnis zwischen günstigen europäischen Zyklikern und den unverwüstlichen großen US-Technologietiteln zu achten. Die Rückschlagrisiken haben zwar auf kurze Sicht zugenommen, langfristig bleibt der Ausblick für die Aktienmärkte jedoch optimistisch – sowohl für die USA als auch für Europa.