Zinsentscheidungen vor der Tür – was trauen sich die Zentralbanken?

Festhalten am Soft-Landing-Szenario kaum mehr begründet

Wenn diese Woche die EZB und kommende Woche die Fed über ihre Zinspolitik entscheiden, dann ist die Frage nicht, ob die Zinsen weiter gesenkt werden, sondern um wie viel.

In den USA deuteten in den letzten Wochen zahlreiche Daten auf eine stärkere Abkühlung der Konjunktur hin, etwa aus dem sich abschwächenden Arbeitsmarkt dort. Aber auch das kürzlich veröffentliche Beige Book der Fed, also ihr Konjunkturbericht, zeichnet ein zunehmend pessimistisches Bild. In 9 von 12 Distrikten ist da von rückläufiger oder stagnierender Aktivität die Rede. Gleichzeitig wird eine nach wie vor optimistische BIP-Schätzung von über 2 % hochgehalten.

Dieses gegenwärtig noch prognostizierte Soft-Landing-Szenario wird allerdings immer unrealistischer: Eine Zinssenkung über 50 Basispunkte wäre in den USA angesichts der sich abzeichnenden konjunkturellen Probleme durchaus gerechtfertigt. Das politische Signal, dass davon ausginge, wäre jedoch problematisch. Eine Reduktion um 25 Basispunkte kurz vor den Wahlen würde noch weitestgehend als neutral gewertet und die Fed sähe sich nicht dem Vorwurf ausgesetzt, eine der beiden politischen Parteien kurz vor der Wahl unterstützen zu wollen. Die Absenkung um 50 Basispunkte dürfte damit aber nicht aufgehoben sein, sondern nur verschoben – bis nach den Wahlen.

Ein ähnliches Bild ergibt sich diesseits des Atlantiks. Auch in Europa lässt die konjunkturelle Eintrübung eine Senkung der Leitzinsen erwarten und auch hier ist von 25 Basispunkten auszugehen. Der Zinsanhebungszyklus scheint zu einem Ende zu kommen, bei gleichzeitig schlechter werdenden konjunkturellen Rahmenbedingungen. Dies lässt sich aus Anlegersicht nutzen: Wir sehen vor allem bei Staatsanleihen ein asymmetrisch positives Rendite-Risikoprofil, von dem Anleger profitieren können. Größere Kursrisiken durch weiter steigende Zinsen sind im aktuellen konjunkturellen Umfeld kaum denkbar und ein Großteil der Marktteilnehmer verharrt noch im Soft-Landing-Lager: Sollte sich die Konjunktur weiter abschwächen, sehen wir bei Staatsanleihen schöne Opportunitäten.

Foto Marko Behring

Marko Behring

Leiter Asset Management. Nach seinem Studium der Betriebswirtschafslehre und einer Tätigkeit bei einem Hamburger Bankhaus trat er 2011 in die Fürst Fugger Privatbank ein. Er ist Teil des Managementgremiums des FFPB Global Flex und des FFPB Konservativ und zudem verantwortlich für die Verwaltung von Spezialmandaten.

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