Droht eine Rückkehr der Staatsschuldenkrise?
EZB-Chefin Christine Lagarde hat angedeutet, dass die Zinsen in der Eurozone schon im Juli wieder steigen könnten. Mehr noch: Bis Ende September könnten sie sogar den Minusbereich verlassen.
Steht nun die lang ersehnte Rückkehr des Zinses ins Haus? Nur bedingt, meint Marko Behring, Leiter Asset Management der Fürst Fugger Privatbank: „Unternehmen, Stiftungen und Privatkunden mit hohen Liquiditätsreserven dürfen sich freuen: Mit der Abkehr vom Negativzins wird auch das sogenannte „Verwahrentgelt“ verschwinden. Eine Rückkehr des positiven Realzinses sehen wir jedoch nicht.“
Aktuell müssten Banken Negativzinsen zahlen, wenn sie überschüssige Gelder bei der Notenbank horten wollten. Dieser sogenannte Einlagesatz liege bei minus 0,5 %. Der sogenannte Hauptrefinanzierungssatz für Kredite liege bei 0 %. Die EZB habe sich bislang noch nicht eindeutig dazu geäußert, ob sie nur den Einlagensatz anheben oder gleich auch den Hauptrefinanzierungssatz für Kredite anheben wolle.
Überhaupt seien die Spielräume der EZB weniger umfassend als dies den Anschein habe. So rentierten 10-jährige italienische Staatsanleihen bereits bei 2,8 %, das griechische Pendant sogar bei 3,6 %. „Wenn die EZB übertreibt, droht eine Rückkehr der Staatsschuldenkrise vor allem in den Südländern“, warnt Marko Behring. Im Gegensatz zur US-Zentralbank müsse die EZB nämlich auch die finanzielle Belastungsfähigkeit der hoch verschuldeten Südländer im Blick behalten.
Einen strammen Zinsanhebungszyklus wie er aktuell in den USA bereits begonnen habe, könne sich die EZB nach Behrings Ansicht nicht erlauben: „Die EZB dürfte nach den ersten Zinsschritten auf eine Normalisierung der Inflation hoffen und auf Zeit spielen.“ Das Kalkül könnte durchaus aufgehen. Und eines sei EZB-Präsidentin Lagarde bereits gelungen: „Der Euro stieg nach Lagardes Ankündigung in der Spitze um mehr als 1,2 % und setzte am Dienstag seinen Aufwärtstrend fort.“ So konnte die durch die scharfe Abwertung des Euro importierte Inflation zumindest temporär zum Stillstand gebracht werden. Ob es jedoch für eine dauerhafte Trendwende reicht, müsse die Zukunft zeigen.