Zu früh für „all in“

Warum das Chaos an den Märkten keine systemische Krise ist

Ob der amerikanische Präsident Trump einen Platz in den Geschichtsbüchern findet, mögen andere beurteilen. Die von ihm ausgelöste Volatilität tut es jedenfalls. Ähnliche Ausschläge gab es zuletzt als Reaktion auf die Corona-Pandemie und selbst mit der Finanzkrise 2008/2009 können die aktuellen Volatilitäten mithalten. Die erratischen Zölle haben die Märkte in den freien Fall geschickt. Eine Rezession in den USA wird wahrscheinlicher – und mit ihr ein wirtschaftlicher Scherbenhaufen.

Dabei ist das Chaos hausgemacht: Die Märkte trauen selbst kräftigen Erholungen nicht mehr, weil sie teilweise innerhalb weniger Stunden wieder zunichte gemacht werden. Hinzu kommt, dass aktuell die Berichtssaison der US-Unternehmen läuft, was seriöse Prognosen für die nächsten Monate fast unmöglich macht.

Die Anspannung an den Märkten ist deutlich an der Entwicklung der Renditen für Staatsanleihen und der des US-Dollars abzulesen. So sind die Renditen für langlaufende Anleihen zuletzt in besorgniserregende Höhen angestiegen. Für die Stabilität ist die Entwicklung der Staatsanleihen jedoch gefährlicher als die Volatilität an den Aktienmärkten, denn sie zeigt den enormen Vertrauensverlust. Immer mehr Stimmen stellen den US-Dollar als Weltwährung infrage. Teilweise wird auch schon mit einer Inflation von über 5 % gerechnet.

Dennoch ist die aktuelle Situation noch keine strukturelle Krise: Wir haben keine gewachsene systemische Schieflage, sondern vielmehr eine mutwillig erzeugte Stresssituation für die Märkte. Früher oder später wird auch die Trump-Administration zu einem Handeln entlang der Realitäten gezwungen werden. Die hohe Nachrichtenfrequenz mit vielen, teils auch konträren Meldungen hat ein Bewusstsein für die Fragilität der Märkte geschaffen. Für risikobereite und langfristig orientierte Anleger gibt es durchaus Möglichkeiten, um bei guten Unternehmen einzusteigen. Grundsätzlich ist aber noch Vorsicht geboten: Die europäischen und amerikanischen Märkte sind in der Breite historisch immer noch nicht günstig bewertet. Punktuelle Zukäufe sind denkbar, es ist jedoch eindeutig zu früh, um „all in“ zu gehen. Dieser Zustand kann auch noch deutlich anhalten. Spätestens mit dem Ende des 90-tägigen Zoll-Moratoriums sind wieder neue Gründe für neue Unsicherheit denkbar.

Christoph Mertens

Leiter der Niederlassung Köln. Der Portfoliomanager ist nach seiner Tätigkeit im Vermögensmanagement für Firmenkunden in einem anderen Institut und seinem Studium der Bankbetriebslehre seit 2011 für die Fürst Fugger Privatbank tätig. In der Niederlassung Köln ist er verantwortlich für das Management von Spezialfonds und Vermögensverwaltungen für Pensionskassen, Family Offices, Arbeitgeberverbände, Spendenorganisationen, Stiftungen und Unternehmen. Außerdem ist er Teil des Managementgremiums der klassischen Vermögensverwaltung.

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