Märkte hoffen auf das bekannte Muster
Kurz vor dem Wochenende gab es erneut Getöse aus dem Weißen Haus: Präsident Trump verkündete, dass ab 1. Juni auf sämtliche EU-Waren Zölle in Höhe von 50 % verhängt werden sollten, falls die Gespräche mit Brüssel scheiterten. Oder vielleicht doch nicht. Am Sonntag nahm Trump die Drohung jedenfalls zurück und verlängerte die Frist für neue US-Zölle auf den 9. Juli. Nur eine Woche zuvor hatte Washington die Zölle für Importe aus China befristet von 145 auf 30 % gesenkt. Dieses Wechselspiel, das die US-Regierung mit den Zöllen treibt, zeigt, wie sprunghaft die amerikanische Handelspolitik derzeit zwischen Eskalation und Deeskalation schwankt.
Professionelle Investoren nutzten den ersten Börsenrückschlag am vergangenen Freitag als Kaufgelegenheit. Bei ihnen gilt der mittlerweile vielzitierte „TACO-Trade“: Ein Kürzel für „Trump Always Chickens Out“, wie es die Financial Times süffisant formulierte. Tatsächlich zeigt sich seit Jahresbeginn ein Muster. 20. Januar: Trump kündigt neue Zölle auf Kanada, Mexiko und China an, setzt sie aber nicht um. 4. März: Für Kanada und Mexiko werden 25 % Zölle eingeführt, jedoch nach wenigen Tagen wieder aufgehoben. 2. April, der sogenannte „Liberation Day“: Es folgt ein pauschaler Zoll von 10 % auf nahezu alle Importe. Weitere reziproke Zölle von bis zu 50 % sollten am 9. April in Kraft treten, wurden jedoch noch am selben Tag für 90 Tage ausgesetzt. Und schließlich der 18. Mai: Washington senkt die Zölle gegen China auf 30 % und die Börsen ziehen weltweit an.
Jeder Rückzieher an den Märkten aus Angst vor neuen Zöllen hat gleichzeitig die Hoffnung genährt, dass auch die jüngste Zoll-Drohung wieder ein Bluff ist. Aber selbst wenn der sogenannte TACO-Trade bislang funktioniert, wird er zunehmend riskanter. Die Unternehmen müssen ihre Lieferketten laufend neu organisieren, und Investoren agieren zunehmend unter Zeitdruck. Gleichzeitig schüren die ständigen Ankündigungen, Aufschübe und neuen Drohungen die Angst vor einer zollgetriebenen Stagflation in den USA. Die steigenden Importpreise treiben die Inflationserwartungen, gleichzeitig belastet Unsicherheit die Wachstumsperspektiven: Institutionelle Anleger reduzieren ihre Dollar-Positionen, Importeure ziehen Lieferungen vor. Die Folge sind gestörte Lieferketten und sinkende Margen auf beiden Seiten des Atlantiks. Bis zum 9. Juli bleibt nun Zeit für eine Einigung. Klar ist aber jetzt schon, dass sich Investoren weiterhin auf erhöhte Volatilität einstellen müssen.
Stand: 28. Mai 2025 – Bitte beachten Sie unsere rechtlichen Hinweise.