Auswirkungen einer geänderten Geldpolitik
Die Notenbanken hatten die Inflation unterschätzt. Unisono waren sie bis weit in den Herbst 2021 von einem lediglich temporären Preisanstieg ausgegangen, der sich rasch zurückbilden sollte. Dann kam 2022 und mit ihm einige der schlimmsten Einbrüche der Märkte für Staatsanleihen seit rund fünf Jahrzehnten. Und die Notenbanken hechelten der Entwicklung nur noch hinterher. Sie ließen die Inflation laufen und unterschätzten die Auswirkungen sowohl auf die Kapitalmärkte als auch auf die Konjunktur.
Am nachdrücklichsten versuchte dann die US-Notenbank Fed, wieder Herr der Lage zu werden. In der Folge stiegen die Renditen stark an, aber auch der US-Dollar. Die Zentralbanken in anderen Regionen waren angesichts der Wachstumsschwäche ihrer Volkswirtschaften zurückhaltend mit einem Kurswechsel. Also kauften Anleger bevorzugt die höher verzinslichen US-Treasuries und werteten den US-Dollar auf. Zurückhaltung war auch die Devise der japanischen Notenbank, was dem Yen stark zusetzte.
Nun ist jedoch davon auszugehen, dass die Fed ihr Zinsziel bereits im ersten Quartal 2023 erreicht. Wir erwarten, dass das Zinsniveau allmählich wieder sinkt, sich jedoch etwas länger bei um die 4 % einpendeln dürfte. Die Spreads zwischen Staatsanleihen und Unternehmensanleihen dürften zurückgehen – vorausgesetzt die Rezession fällt nur mäßig aus.
Die große Anpassung am Rentenmarkt sollten wir im kommenden Jahr hinter uns haben und Zinskupons dürften so attraktiv werden wie seit der globalen Finanzkrise 2008/2009 nicht mehr. Die Fed hat genug getan, um sicherzustellen, dass die Inflationsannahmen mittel- bis langfristig fest verankert bleiben. Nachdem die Anleihemärkte in der jüngsten Vergangenheit ungewöhnlich stark mit Aktien korrelierten, dürften sie sich wieder normalisieren. In einer Zeit, in der uns eine Rezession bevorsteht, deren Ausmaß und Länge wir nicht kennen, können Anleihen eine wertvolle Diversifizierung bieten.
Nicht zu erwarten ist eine Rückkehr auf das Zinsniveau der letzten Jahre. Die Zeiten der Nullzins-Politik sind wohl vorüber. Es kann aber nicht ausgeschlossen werden, dass die Zinserhöhungen in den USA und in Europa nicht ausreichen. Werden größere Zinsschritte nötig als die erwarteten, um die Inflation einzudämmen, dann kann ein Ausverkauf am Rentenmarkt drohen. Dessen sollten sich Investoren in den Anleihemarkt bewusst sein.