Steigende Zinsen voraus?

Die Entwicklung in Europa entkoppelt sich von den USA

In den USA haben die Zinsen spürbar angezogen. 10-jährige US-Staatsanleihen notieren bei über 1,6 %, für 30-jährige gibt es sogar knapp 2 % Zinsen. Mit Bekanntwerden der Verbraucherpreise schob sich die gesamte Kurve der US-Treasuries um rund 10 Basispunkte nach oben. Dürfen Anleger nun auch bei uns auf steigende Zinsen hoffen?

Marko Behring, Leiter Asset Management der Fürst Fugger Privatbank sieht das differenziert: „Die Angst vor einer dauerhaft erhöhten Inflation geht um. Immer weniger Marktakteure glauben daran, dass die Preissteigerung auf Basiseffekte oder Lieferkettenprobleme zurückzuführen ist und dass sich dieser Trend bald schon normalisiert.“ Daher sei es für ihn nur logisch, dass sich Marktteilnehmer angesichts der sichtbar gewordenen Teuerung von niedrig verzinsten Staatsanleihen trennten und nach Alternativen suchten – etwa am Aktienmarkt. Der aufkommende Verkaufsdruck führe schließlich zu steigenden Zinsen; meist zuerst am längeren Ende.

Eine Schlüsselrolle würden in dieser Situation die Notenbanken spielen: „Die Bank of England wird spätestens bis Februar mit einer Zinsanhebung reagieren. Die Fed beginnt noch diesen Monat mit der Drosselung ihrer Wertpapierkäufe. Und einige „Falken“ im Offenmarktauschuss sehen bereits im zweiten Halbjahr 2022 eine erste Zinsanhebung.“

Doch das lasse sich nicht einfach auf die Eurozone übertragen. Im Gegenteil: Blicke man nach Europa, und hier vor allem nach Deutschland, so zeige sich für Marko Behring der Bondmarkt trotz steigender Verbraucherpreise sehr stabil. „Wir führen die Abkopplung Europas bei der Zinsentwicklung auf das zögerliche Agieren der Europäischen Zentralbank zurück. Ihre geldpolitischen Akteure haben in den letzten Wochen wiederholt erklärt, dass die im Markt erwarteten Leitzinsanhebungen noch vor Ende kommenden Jahres nicht mit der EZB zu machen sei.“ Wären es bei der Fed die „Falken“, die sich immer wieder Gehör verschafften, so seien es in der EZB eher die „Tauben“, so Marko Behring: „Wir gehen davon aus, dass die Zinsen in Europa vorerst auf einem niedrigen Niveau bleiben.“

Das seien aber nicht automatisch schlechte Nachrichten für Anleger. Die steigende Zinsdifferenz zwischen Europa und USA führe zu einem stärkeren Dollar, was wiederum der exportlastigen deutschen Wirtschaft helfe. Das dürfte europäischen Aktien in den nächsten Wochen weiter Auftrieb geben.

Foto Marko Behring

Marko Behring

Generalbevollmächtigter, Bereichsleiter Asset Management/Kredit. Nach seinem Studium der Betriebswirtschaftslehre und einer Tätigkeit bei einem Hamburger Bankhaus trat er 2011 in die Fürst Fugger Privatbank ein. Er ist Teil des Managementgremiums des FFPB Global Flex und des FFPB Konservativ und zudem verantwortlich für die Verwaltung von Spezialmandaten.

News­letter

Möchten Sie mehr über unsere Leistungen erfahren? Melden Sie sich für unseren Newsletter an:

Anmelden

Wählen Sie Ihre Newsletter

Datenschutz*

Die mit * gekennzeichneten Felder sind Pflichtfelder.

Dies könnte Sie auch interessieren:

Vermögensverwaltung

Vermögens­verwaltung

US-Notenbank wagt sich vorsichtig aus dem Krisenmodus

Andrea Greisel
10. November 2021

Fonds­management

Die Liquiditäts-Junkies an der Wall Street starten mit der Geld-Entziehungskur

Stefan Weiß
Stefan Weiß
9. November 2021

Aktien

Technischer Aktien- und Rentenmarktkommentar

Dieter Langenbucher
Dieter Langenbucher
8. November 2021