Ist „nicht so schlimm wie befürchtet“, bereits „gut genug“?
Nahezu alle Experten erwarteten Unruhe, Volatilität und schwache Märkte. Und doch konnte der DAX seit Jahresbeginn rd. 7 % zulegen. Das ist bemerkenswert. Aber was treibt den Index an? Und wo können Anleger zuschlagen? Grundlage des Optimismus sind eine Reihe von Verbesserungen: Sinkende Inflationsraten, die Wiederöffnung Chinas und seine Abkehr von der Null-Covid-Politik. Hinzu kommen eine überraschend stabile Konjunktur im vierten Quartal, das Ausbleiben einer Gasmangellage in Deutschland und sinkende Energiepreise.
Wir sind noch weit entfernt davon, die Lage als „gut“ bezeichnen zu können. Die Frage ist daher, ob „nicht so schlimm wie befürchtet“, bereits „gut genug“ ist. Die Märkte scheint dies nicht zu stören: Jede leichte Verbesserung wird an der Börse gefeiert. Von jeder Marktbewegung nach oben lässt sich jedoch als Anleger profitieren. Daher lohnt sich der Blick auf die Top-Performer. Die zyklischen Werte bestimmen deutlich die Erholung: etwa Technologie, Bau, Industrie oder Automobil. Schwächer zeigen sich im Vergleich defensive Sektoren wie Versorger, Pharma und Nahrungsmittel. Dies widerspricht komplett den Reflexen der vergangenen Monate, als defensive Titel deutlich gefragter waren.
Der erwartete konjunkturelle Scherbenhaufen ist bislang ausgeblieben. Der wirtschaftliche Einbruch ist nicht eingetreten – jedenfalls noch nicht. Vor allem in Europa ist eine leichte Besserung zu erkennen. Dieser Trend lässt sich an einigen Indikatoren wie dem ifo-Index und den Einkaufsmanager-Indizes ableiten. Der vorsichtige Pessimismus war nachvollziehbar. Aus heutiger Sicht wurde von den Analysten vielleicht manches zu düster gezeichnet.
Das Risiko einer Verschlechterung ist aber keineswegs gebannt. Eine restriktivere Zinspolitik stellt ein Risiko dar. Dennoch ist der aktuelle Optimismus begründet. „Gamechanger“ war der Politik-Schwenk Chinas. Die Hoffnungen an den Märkten ruhen auf einer Rückkehr zur Normalität.