Rückgang ja, Einbruch nein

Positive saisonale Effekte ringen mit den Folgen hoher Zinsen

Ja, der DAX hat in den letzten Wochen um fast 1500 Punkte nachgegeben. Eine Katastrophe ist das aber noch längst nicht: Wir dürfen die starken Kursgewinne davor nicht vergessen. Knapp 10 % Rückgang sind eine spürbare, aber nicht ungewöhnliche Korrektur. Ein Einbruch sieht anders aus.

Positiv bewerten wir dabei, dass die vielleicht etwas zu optimistische Anlegerstimmung einer deutlich vorsichtigeren Erwartung gewichen ist. Der sogenannte „Fear & Greed Index“ ist aus dem Bereich eines ausgeprägten Optimismus (nahe 100) auf ein sehr ängstliches Niveau abgesackt (unter 25). Auch sehen die meisten Marktbeobachter den Ausblick auf die nächsten Monate und Jahre negativ, so dass wenig Raum für böse Überraschungen besteht. Insgesamt sind das keine schlechten Voraussetzungen für das letzte Quartal des Jahres. Das vierte Quartal gilt ja als die beste Börsenzeit des Jahres. Die könnte in einer Rallye zum Jahresende hin münden.

Es gibt aber weiterhin auch schwarze Wolken am Himmel: So ist der drohende „Shutdown“ in den USA nur um 45 Tage aufgeschoben, Ausgang ungewiss. Die Teuerung liegt nach wie vor deutlich über den Inflationszielen der Notenbanken. Weitere Schritte sind also nicht ausgeschlossen. Die Attraktivität von Anleihen gegenüber Aktien hat sich noch einmal erhöht und die erzielbaren Risikoprämien von Aktien gegenüber sicheren Anleihen sind stark zurückgegangen. Und die amerikanischen Technologiewerte, die die überraschend starken Kursanstiege diesen Jahres vor allem getragen hatten, sind nun entsprechend hoch bewertet – und teuer.

Gerade die höheren Zinsen an den Anleihenmärkten haben zum Teil gravierende Auswirkungen auf die Realwirtschaft: Die Verteuerung von Immobilienkrediten, Unternehmensfinanzierungen sowie höhere Zinslasten für die hoch verschuldeten Staatshaushalte werden zunehmend zum Problem. Insgesamt besteht eine Gemengelage, in der sich auf der einen Seite die Hoffnung auf den Zinsgipfel und die Saisonalität sowie auf der anderen Seite zunehmende Belastungen aus den Kosten höherer Zinsen gegenüberstehen.

Die höheren Zinsen belasten zwar die Wirtschaft, Anleger können sie aber nutzen: etwa indem sie in Anleihen investieren oder in Geschäftsmodelle, die von höheren Zinsen profitieren. Dies sind etwa Versicherungen oder Banken bzw. generell Finanzdienstleister.

Oliver Grass

Oliver Grass

Der Financial Planner (ebs) und Eco Berater (ethische und nachhaltige Kapitalanlage) ist seit 2010 in der Niederlassung Nürnberg und dort für die Verwaltung individueller Mandate und Spezialmandate verantwortlich. Hintergrund war nach Studium und Traineeprogramm (1990) eine jahrelange Tätigkeit im Großbankenbereich. Sein Schwerpunkt liegt in der Vermögensverwaltung für Private und Institutionelle Kunden unter Einbeziehung aller Anlageklassen und Instrumente.

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