Stehen wir vor einem neuen Bullenmarkt?

Gewinne der Tech-Aktien verzerren das Gesamtbild

Die Märkte haben sich in den letzten neun Monaten überraschend robust gezeigt. Der KI-Boom hat insbesondere das Interesse an Technologieaktien angeheizt – und diese dominieren die US-Indizes. Nach dem Seuchenjahr 2022 für Big Tech ist der Optimismus zurückgekehrt und Künstliche Intelligenz ist der neue Megatrend in Silicon Valley. Die Einigung zur Schuldenobergrenze, eine Reihe positiver Wirtschaftsdaten sowie die Hoffnung, dass die Fed bei ihrem Treffen im Juni vielleicht doch eine Pause bei den Zinserhöhungen einlegen könnte, haben den Märkten zusätzlichen Schwung verliehen.

Kritische Stimmen befürchten jedoch, dass es sich um ein Strohfeuer handeln könnte. Die Inflation bleibt zu hoch, um sich wohlzufühlen. Die US-Wirtschaft schafft zwar weiter Arbeitsplätze, aber das Tempo verlangsamt sich. Die Verbraucher geben weiterhin Geld aus, konzentrieren sich dabei aber auf lebensnotwendige Ausgaben und weniger auf klassischen Konsum.

Man darf sich auch nicht von den Gewinnen der Technologie- und KI-Unternehmen mit ihren mega-kapitalisierten Aktien blenden lassen. Sie ziehen zwar den Markt nach oben, aber auch nur sie. Die Gewichtung der Indizes verzerrt nämlich das Bild der tatsächlichen wirtschaftlichen Entwicklung. Der S&P 500 ist nach Marktwert gewichtet. Wenige, sehr hoch bewertete Tech-Unternehmen können also den Index steigen lassen, selbst wenn es der Mehrheit der notierten zyklischen und kleineren Unternehmen nicht gut geht. Das ist jedoch keine gute Ausgangssituation für langfristige Steigerungen.

Seit dem letzten Bullenmarkt haben wir eine Schuldenkrise, eine Pandemie, einen Krieg in Europa, eine Bankenkrise und andere Dramen erlebt, die viele bewährte Regeln außer Kraft gesetzt haben. Boom-Phasen an den Börsen sind bisher jedoch stets mit wirtschaftlichem Wachstum verbunden gewesen, nicht mit wirtschaftlichen Einbrüchen.

Fakt ist, dass die Aktienmärkte seit Jahresbeginn eine fulminante Entwicklung gezeigt haben. Fakt ist aber auch, dass wir uns aktuell in einem späten Stadium des wirtschaftlichen Zyklus befinden und die USA und Europa geradewegs auf eine Rezession zusteuern. Damit gilt es nun umzugehen. Wir empfehlen Anlegern daher, die Vogelperspektive auf die Märkte einzunehmen und wegen kurzfristiger Entwicklungen ihren langfristigen Ansatz nicht in Frage zu stellen.

Christoph Mertens

Christoph Mertens

Der Portfoliomanager ist nach seiner Tätigkeit im Vermögensmanagement für Firmenkunden in einem anderen Institut und seinem Studium der Bankbetriebslehre seit 2011 für die Fürst Fugger Privatbank tätig. In der Niederlassung Köln ist er verantwortlich für das Management von Spezialfonds und Vermögensverwaltungen für Pensionskassen, Family Offices, Arbeitgeberverbände, Spendenorganisationen, Stiftungen und Unternehmen. Außerdem ist er Teil des Managementgremiums der klassischen Vermögensverwaltung.

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