Geopolitische Risiken und Demokratie in Verteidigungshaltung
Bei mehr als zwei Wahlen im gleichen Kalenderjahr wird gern von einem Superwahljahr gesprochen. 2024 ist dann wohl ein Hyperwahljahr: Über 60 Länder wählen dieses Jahr eine neue Regierung oder ein neues Parlament. Darunter auch große und einflussreiche Nationen wie etwa die USA oder Indien. Nicht zu vergessen, die Europawahlen mit über 400 Mio. Wahlberechtigten. Weltweit ist innerhalb nur eines Jahres etwa die Hälfte der Weltbevölkerung an die Urnen gerufen. Das birgt das Potenzial für gleichzeitige politische Richtungsänderungen rund um den Globus.
Dabei geht der Blick zunächst in die USA. Zwar scheinen die USA auf ein Soft-Landing zuzusteuern, doch der sich langsam abschwächende Arbeitsmarkt und die hohen Inflationsraten der vergangenen Jahre lasten auf Bidens Regierungsbilanz. Daraus resultierende Unsicherheiten werden sich im Sommer sicher auch auf die Aktienmärkte auswirken und zwischenzeitlich die ein oder andere Schwankung nach sich ziehen. Auch weil außenpolitisch im Falle einer Trump-Wahl durchaus Veränderungen ins Haus stehen könnten, die auch die internationalen Finanzmärkte beeinflussen dürften. Eine neue Amtszeit Trumps hätte mit hoher Wahrscheinlichkeit Auswirkungen auf die Ukraine-Hilfen der USA und auf ihre Rolle in der NATO – und damit auch auf den Öl- und den Goldpreis. Angesichts zunehmender russischer Drohgebärden in Richtung der baltischen Staaten sei dies keine beruhigende Perspektive. Anleger sollten daher trotz der hohen Notierungen über eine Beimischung der Krisenwährung Gold nachdenken.
Weltweit waren Demokratien in den vergangenen Jahren auf dem Rückzug und 2024 dürfte nicht besser werden. Auch nicht in der größten Demokratie der Welt, Indien, die jetzt schon reich an ethnischen Konflikten ist. Aber auch in Taiwan könnten sich Drohpotentiale durch die anstehende Wahl verstärken. Dort stellen sich die pro-chinesische Opposition und die anti-chinesische Regierungspartei zur Wahl – beide mit Hinweis auf eine drohende militärische Eskalation seitens China. Auch wenn wir eine geopolitische Eskalation in Asien nicht als Basisszenario sehen, darf man hier mögliche schwarze Schwäne nicht außer Acht lassen. Portfolioseitig ist daher vor allem entscheidend, nicht alle sprichwörtlichen Eier in einen Korb zu legen. Denn geopolitische Risiken könnten 2024 eine größere Rolle spielen, als wir dies gewohnt sind. Eine breite Streuung über Ländergrenzen und Anlageklassen hinweg ist daher gerade vor dem Hintergrund der zahlreichen Richtungswahlen das Gebot der Stunde.